Es sieht so aus, als kämen wir endlich auf den Boden der Tatsachen zurück. Die Tatsachen sehen für die meisten Frauen wie folgt aus: morgens zur U-Bahn rennen, um nicht zu spät zum Meeting zu kommen, nachmittags ein zappelndes Kleinkind und eine volle Einkaufstasche nach Hause schaffen und abends in einem schlecht beleuchteten Hinterhof auf regenfeuchtem Pflaster den Eingang zum gerade angesagten Club suchen. Es soll sogar Frauen geben, die all das an einem Tag bewältigen. Aber, seien wir ehrlich, keine von ihnen auf 12-Zentimeter-Absätzen. In den letzten Jahren hatten wir allerdings das Gefühl, dass wir genau das können sollten. Spätestens seit wir mit großem Vergnügen der New Yorker Sex-Kolumnistin Carrie Bradshaw dabei zusahen, wie sie jede erdenkliche Lebenssituation auf Mörder-Heels meisterte, galt: je höher, desto besser. Und nicht nur Carries Lieblings-Designer Manolo Blahnik belieferte willige Fashionistas mit dem entsprechenden Schuhwerk. Die Designer überboten sich geradezu mit schwindelerregenden Kreationen. Bis schließlich auf den Laufstegen die Models gleich reihenweise hinfielen, weil die Entwürfe beim besten Willen nicht mehr für die Fortbewegung geeignet waren. Vielleicht sollten sie das ja auch gar nicht, vielleicht sollten sie, wie einst die gebundenen Füße vornehmer Chinesinnen, beweisen, dass die Trägerin über solch plebejische Aktivitäten wie Gehen erhaben ist. Höher hinaus ging es von da aus nicht mehr, es wurde also Zeit für den Abstieg. Der begann mit Alexa Chung. Eines Tages tauchten in den einschlägigen Blogs Fotos der amerikanischen Moderatorin auf, auf denen sie robuste Loafer trägt, so richtig vernünftige Schuhe. Und da Chung ein so genanntes It-Girl ist, eine jener stilsicheren jungen Frauen, die weltweit kopiert werden, war klar, dass die Trendwende eingeläutet ist. Und auf einmal sah man flache Schuhe auch auf roten Teppichen und in den Front Rows der Modenschauen. Und falls es noch Zweifel daran gegeben haben sollte, dass die Flats tatsächlich zurück sind, waren sie in dem Moment ausgeräumt, als im vergangenen Sommer Victoria Beckham, die eiserne Lady der High Heels, die bisher selbst zum Spielen im Sandkasten die Stilettos nicht auszog, in flachen Monkstraps gesichtet wurde. Inzwischen ist der Trend in den Designer-Kollektionen angekommen: seit langem war die Auswahl an schönen Schuhen, in denen man auch bequem laufen kann, nicht mehr so groß. Das Angebot reicht von prächtig bestickten Loafern, über klassische Schnürschuhe bis zu Ballerinas. Denen verhalf allen voran Hedi Slimane mit seiner Kollektion für Saint zu neuen Ehren. Wird auch Zeit, schließlich befinden sich Liebhaberinnen der leichten Schläppchen in bester Gesellschaft. Ob Audrey Hepburn, die in den 50er Jahren nicht nur, wie Regisseur Billy Wilder sagte, „den Busen ganz aus der Mode“ brachte, sondern auch die artigen Pumps, die Sängerin Juliette Gréco, Muse der Existenzialisten oder die Punk-Poetin Patti Smith – sie alle verkörpern eine eigenwillige Eleganz . Nonchalant, unangestrengt – und in flachen Schuhen.